Familiäre Gewalt

Sind Sie betroffen von körperlicher und/oder psychischer Gewalt in der Familie?

Wir sind eine Opferschutzeinrichtung, die Ihnen in dieser Situation Unterstützung und Hilfe anbieten kann. Gemeinsam mit Ihnen werden – auf Basis der Freiwilligkeit – Schritte aus der Gewaltsituation vorbereitet und eingeleitet.

Sie können von uns Parteilichkeit, Unterstützung und Beratung erwarten. Wir bieten Ihnen Hilfestellung bis zur Beendigung der Gewaltsituation an.

Wir informieren Sie über Möglichkeiten, wie Sie Ihre Lebenssituation verändern können.

Sicherheit durch Unterstützung ist das Ziel der Beratung.


Wegweisung

Unter welchen Voraussetzungen kann die Polizei eine Wegweisung und ein Betretungs- und Annäherungsverbot aussprechen?

Die Polizei kommt nach einem entsprechenden Notruf zu Ihnen nach Hause und führt mit den dort anwesenden Personen getrennte Gespräche. Dabei fragt sie, was passiert ist. Die Polizisten beurteilen dann die Gefährlichkeit der Situation. Sie sprechen die Wegweisung sowie das Betretungs- und Annäherungsverbot aus, wenn Gewalt droht oder unmittelbar vor dem Einsatz Gewalt passiert ist. Auch wenn es zu keiner Verletzung gekommen ist, sind Wegweisung, Betretungs- und Annäherungsverbot möglich.

Wer wird durch das Betretungs- und Annäherungsverbot geschützt?

Jede Person, die in der betreffenden Wohnung/dem betreffenden Haus wohnt (wenn auch nur vorübergehend) und Schutz braucht z. B. Ehefrau/Ehemann, Lebensgefährtin/Lebensgefährte, Schwester, Bruder, Kinder, aber auch Untermieterin/Untermieter, Mitbewohnerin/Mitbewohner in der WG.

Mit dem Betretungsverbot wird die Rückkehr in das Haus/die Wohnung samt einem Umkreis von 100m verboten; das Annäherungsverbot bewirkt einen Schutz im Umkreis von 100m um die gefährdete Person.

Kann ich verlangen, dass ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen wird?

Nein, nur die Polizei kann das Betretungs- und Annäherungsverbot aussprechen, wenn die Voraussetzungen vorliegen.

Welche Örtlichkeiten sind vom Betretungs- und Annäherungsverbot umfasst?

Das Betretungsverbot bezieht sich auf die Wohnung/das Haus; das Annäherungsverbot schützt die gefährdete Person vor persönlicher Kontaktaufnahme.

Wie lange dauert das Betretungs- und Annäherungsverbot?

2 Wochen, am letzten Tag um 0:00 Uhr endet es.

Spielen Eigentums- und Mietverhältnisse eine Rolle?

Nein, das Betretungs- und Annäherungsverbot wird unabhängig von Eigentums- und Mietverhältnissen ausgesprochen. Es kann auch gegen die Eigentümerin/den Eigentümer verhängt werden.

Was passiert mit der Gefährderin/dem Gefährder?

Die Gefährderin/der Gefährder muss der Polizei die Wohnungsschlüssel geben und eine Adresse bekanntgeben, an die ihr/ihm Briefe geschickt werden können. Sie/Er bekommt auch ein Informationsblatt mit Hinweisen für Unterkunftsmöglichkeiten.

Darf die Gefährderin/der Gefährder während des Betretungs- und Annäherungsverbotes zurückkommen, um wichtige Dinge zu holen (z. B. Kleidung, Arbeitsmaterialien)?

Ja, aber nur in Begleitung der Polizei, ohne Polizei darf sie/er nicht in die Wohnung/ins Haus.

Wer wird vom Betretungs- und Annäherungsverbot/Wegweisung verständigt?

Das Gewaltschutzzentrum Tirol wird von der Polizei darüber informiert. Wenn minderjährige Kinder im Haushalt wohnen, wird auch die Kinder- und Jugendhilfe verständigt.

Kann ich das Betretungs- und Annäherungsverbot aufheben lassen?

Nein, innerhalb von 3 Tagen nach Ausspruch des Betretungs- und Annäherungsverbotes überprüft die Sicherheitsbehörde seine Rechtmäßigkeit. Waren die Voraussetzungen erfüllt, bleibt das Betretungs- und Annäherungsverbot für 2 Wochen aufrecht.

Für wen gilt das Betretungs- und Annäherungsverbot?

Es müssen sich alle beteiligten Personen daran halten – also sowohl die gefährdete Person als auch die Gefährderin/der Gefährder.

Was passiert bei Verstößen?

Sofort die Polizei rufen! Diese entfernt die Gefährderin/den Gefährder und kann darüber hinaus eine Verwaltungsstrafe von bis zu € 2.500,00 verhängen.

Sind Treffen außerhalb des Schutzbereiches (also Wohnung, Haus) oder Telefonate erlaubt?

Das Annäherungsverbot schützt die gefährdete Person im Umkreis von 100 m, womit persönliche Treffen ausgeschlossen sind. Telefonate zu führen, ist möglich.

Kann ich das Betretungs- und Annäherungsverbot verlängern?

Ja, innerhalb von 2 Wochen ab Ausspruch des Betretungs- und Annäherungsverbotes kann ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung (Verlängerung) gestellt werden. Das Gewaltschutzzentrum Tirol kann Sie dabei unterstützen.

Einstweilige Verfügung

Wann kann ich eine einstweilige Verfügung beantragen?

Bei Vorliegen von Gewalt oder Drohung mit Gewalt kann eine einstweilige Verfügung beantragt werden, wenn dadurch das Zusammenleben bzw. das Zusammentreffen mit der Gewalt ausübenden Person unzumutbar ist. Auch bei psychischer Gewalt kann unter bestimmten Voraussetzungen eine einstweilige Verfügung beantragt werden.

Für den Nachweis der Gewalt benötigt es sogenannte „Bescheinigungsmittel“, wie z. B. Berichte der Polizei, Ihre Aussage, die Aussage von Zeugen, ärztliche Atteste, Verletzungsfotos, SMS-Nachrichten etc.

Was genau kann beantragt werden?

Dem Gefährder kann mittels gerichtlichen Beschlusses aufgetragen werden, den gemeinsamen Wohnbereich zu verlassen und gleichzeitig verboten werden, in die Wohnung wieder zurückzukehren. Geschützt werden kann ebenso die Umgebung um die Wohnung.

Auch kann ihm der Aufenthalt an Orten, an denen Sie sich regelmäßig aufhalten (z. B. Arbeitsplatz, Schule, Kindergarten), verboten werden und die Kontaktaufnahme (persönliche, telefonische, per E-Mail etc.) mit Ihnen untersagt werden. Nach der neuen Rechtslage ist es nun auch möglich, es dem Gefährder zu verbieten, sich Ihnen oder bestimmten Orten anzunähern.

Wo und wie kann ich eine einstweilige Verfügung beantragen?

Der Antrag wird beim Bezirksgericht des Wohnsitzes gestellt. Das Gewaltschutzzentrum Tirol unterstützt sie bei der Antragstellung.

Wie lange gilt die einstweilige Verfügung?

Für den Wohnbereich gilt der Schutz für 6 Monate. Wenn Sie beabsichtigen, im zeitlichen Zusammenhang mit einer einstweiligen Verfügung ein anderes Verfahren einzuleiten, kann die Dauer der Einstweiligen Verfügung auch bis zum Ende dieses Verfahrens gerichtlich angeordnet werden. Der Hauptanwendungsfalls wird sein, dass Sie eine Einstweilige Verfügung beantragen und gleichzeitig oder auch später ein Scheidungsverfahren anstrengen. Es soll jedenfalls verhindert werden, dass die Einstweilige Verfügung ausläuft, bevor das Scheidungsverfahren abgeschlossen ist und somit eine Schutzlücke besteht.

Für den Schutz vor Gewalt an anderen Orten und für die Kontaktaufnahme gilt die einstweilige Verfügung für ein Jahr. Bei einem Verstoß kann eine Verlängerung für ein weiteres Jahr beantragt werden.

Was kostet eine einstweilige Verfügung?

Die Beratung durch das Gewaltschutzzentrum und die Verfassung des Antrages ist für Sie kostenlos. Ein Kostenrisiko besteht nur, wenn der Gefährder durch einen Anwalt vertreten ist und der Antrag auf einstweilige Verfügung abgewiesen wird. In diesem Fall müssen Sie die Kosten des Rechtsanwaltes bezahlen.

Was passiert, wenn ich den Antrag bei dem Gericht abgegeben habe?

Das Gericht muss über den Antrag möglichst schnell entscheiden. Nachdem das Gericht den Antrag erhalten hat, stellt es diesen dem Gefährder zu. Es kann sein, dass das Gericht den Gefährder und Sie befragt, bevor es eine Entscheidung trifft. Diese Anhörung findet entweder getrennt statt oder im Rahmen einer Verhandlung. In diesem Fall kann sie eine Mitarbeiterin des Gewaltschutzzentrums begleiten.

Was kann ich tun, wenn der Gefährder gegen die einstweilige Verfügung verstößt

Verständigen Sie sofort die Polizei. Die Polizei entfernt den Gefährder und kann eine Verwaltungsstrafe gegen ihn verhängen. Kann der Gefährder die Geldstrafe nicht bezahlen, muss er mit einer Freiheitsstrafe rechnen. Bei einem Verstoß verständigt die Polizei zudem das Gericht.

Zum anderen kann bei einer Missachtung ein Exekutionsantrag bei Gericht gestellt werden. Dies hat zur Folge, dass dem Gefährder eine Geldstrafe auferlegt wird. Auch bei der Stellung dieser Anträge unterstützen wir Sie gerne.

Muss ich mich auch an die einstweilige Verfügung halten?

Ja. Die einstweilige Verfügung ist beidseitig verbindlich. Halten Sie sich nicht daran, müssen auch Sie unter Umständen mit einer Verwaltungsstrafe rechnen.